Ok, das ist jetzt etwas das Thema verfehlt, weil es ein Buch und kein Spiel ist, aber ich
muss das einfach gerade loswerden.
"Das Buch Ti'ana" habe ich regelrecht durchgesuchtet. Es mag schnellere Leser geben, aber an 5 Tagen war es durch. Das ist für mich deshalb so spannend, weil ich zum Einen nicht allzu gerne lese und zum Anderen ohnehin momentan nicht gerade der Partylöwe bin. Mich kann gerade nicht allzu viel begeistern. Und dann kommt
dieses Buch daher, das ich ja schon mal gelesen hatte. Ich konnte mich daran erinnern, dass es spannend war, aber irgendwie hat es erst jetzt beim zweiten Mal genau den richtigen Nerv getroffen. Ich war wie gefangen von der Geschichte Annas und vom Untergang D'nis. Am Montag habe ich das Buch gar nicht mehr beiseite legen können. Es wurde später und später, bis ich um 3 Uhr beschloss, jetzt einfach zu schlafen, zumal der Wecker um 6 Uhr wieder klingelte. Nur kreisten die Gedanken so sehr um diese Geschichte, dass ich um 4:30 Uhr das letzte Mal hellwach auf die Uhr schaute... Eine solche Faszination - und das auch noch für ein Buch

- habe ich lange nicht mehr gespürt. Im Gegenteil: Sonst musste ich mich regelrecht zwingen nicht bereits nach einer Doppelseite einzunicken. Als Herr der Ringe-Fan konnte ich mich ja noch nicht einmal durchringen, alle zusätzlichen Bücher in Mittelerde zu lesen und dann nun so etwas...
Diese dramatische Geschichte von Anna, einer Oberflächenbewohnerin, die aus Forscherdrang durch Zufall nach D'ni gelangt, hat mich dieses Mal komplett ergriffen. Das Buch ist so wundervoll geschrieben: wie sie gefangen genommen wird, wie sie sich langsam einlebt, das Vertrauen der Oberen gewinnt, sich in einen D'ni verliebt, mit ihm ein Kind bekommt (Gehn, Atrus Vater), aber auch wie sich schließlich das Schicksal gegen alles Glück wendet, dass sie sich aufgebaut hatte. Wie sie indirekt Schuld am Untergang der großen Stadt D'ni trägt, wie zahllose D'ni sterben, wie ihr Mann stirbt und wie ihr Sohn Gehn ihr ihre Schuld niemals verzeihen sollte. Das Buch baut anfangs eine wundervolle, heile, intakte Welt auf. Anna hat eine wundervolle Familie und wird schließlich sogar als D'ni akzeptiert und dann plötzlich bricht ihre gesamte Welt auseinander wie ein Kartenhaus. Ihr ganzen Leben bricht in Scherben und was bleibt, ist die Flucht zurück zur Oberfläche, mit einem Sohn, der sie hasst. Und als Leser wird man völlig verstört zurückgelassen und kann überhaupt nichts tun. Gäbe es nur dieses Buch, nur diese eine Geschichte, so hätte ich wohl wieder nicht schlafen können. Für Anna empfindet man nur Mitleid für ihr Schicksal und für die Ereignisse, die sie nicht mehr aufhalten konnte und die einfach geschehen sind. Sie musste jetzt damit leben, dass sie Entscheidungen aufgrund von Gefühlen, aufgrund von Liebe und Mitleid getroffen hatte, die am Ende falsch waren.
Jedenfalls habe ich das Buch vollkommen verstört beiseite gelegt, bin aufgestanden und habe mir direkt "Das Buch Atrus" geschnappt. Kurz vorweg: Ich habe mich geirrt. Das Buch spielt nicht während der Spiele, sondern ebenfalls noch davor und erzählt die Geschichte Gehns und seines Sohnes Atrus in jungen Jahren. Das weiß ich inzwischen deshalb so bestimmt, weil ich heute, an Tag 3 des Lesens, das Buch auch schon wieder beenden werde. Ich habe gestern um 18 Uhr die Jalousien runtergelassen (keine Ahnung, was meine Nachbarn wohl dachten), mich bettfertig gemacht und dann 6 1/2 Stunden gelesen.
Irgendwie hoffte ich, dass sich Annas Schicksal wenigstens jetzt noch einmal zum Guten wenden würde, aber inzwischen alt und grau hatte sie ihren Sohn Gehn vollkommen verloren. Er verließ sie in jungen Jahre, er verstieß seinen Sohn Atrus direkt nach der Geburt, den sie daraufhin aufzog, bis plötzlich Gehn auftauchte und seinen Sohn Atrus von ihr riss, bevor sie ihm mit ihrer Menschlichkeit den selben Schaden antun konnte, den sie ihm und den D'ni zugefügt hatte. Und wieder ist es so, dass man das Leid, dass Anna wiederfährt, einfach nur hinnehmen kann. Und es sollte auch nicht das einzige Leid sein. Atrus und Gehn, deren Beziehung logischerweise von Anfang sehr distanziert war, entfremden sich immer weiter voneinander. Während sich Gehn als Blutsverwandter der D'ni für gottgleich hält, handelt Atrus nach den Lehren seiner Großmutter. Hier gibt es zwar nicht diese übermächtige Rahmenhandlung, aber es genau diese gestörte Beziehung zwischen Vater und Sohn, die die gesamte Spannung aufrecht erhält. Es ist eine Familientragödie, wie sie aufwühlender nicht sein könnte. Immer wieder hofft man, dass Gehn seiner Mutter verzeiht, dass er so etwas wie Mitgefühl und Liebe in sich entdeckt, die er so sehr verabscheut. Diese Geschichten sind nicht leicht zu verdauen, selbst wenn man weiß, dass sich irgendwann - leider wird Anna nie davon erfahren - ihre schicksalhafte Verbindung zwischen Mensch und D'ni doch noch zu etwas Gutem und einem Neuanfang entwickeln wird.
Man kann wirklich schwer in Worte fassen, was diese beiden Geschichten so spannend macht und wieso sie einen gefühlsmäßig so aufwühlen. Diese Bücher sind so viel mehr als eine reine Ergänzung einer Videospielreihe. Ich kann mich jedenfalls nur vor den Autoren verneigen (letztendlich hat auch Rand Miller selbst bei den Büchern mitgewirkt), dass sie diese Welt um ein vielfaches lebendiger gemacht haben und hochspannende Geschichten erzählt haben, die mich schon für über eine Woche voll und ganz in den Bann gezogen haben.
Insgeheim hoffe ich, dass vielleicht irgendwann die schon jahrelang angekündigte Serie "Myst" in Hollywood verwirklicht wird. Gerade die bewegende Geschichte Ti'anas als Verfilmung zu sehen, das wäre etwas, das ich gerne noch in meinem Leben sehen würde - oder als Spiel.
Und da ich ja nun weiß, dass es dann also das dritte Buch,
Das Buch der D'ni ist, das parallel zu den Spielen handelt, werde ich damit dann ebenfalls noch beginnen (voraussichtlich auch noch heute, sonst kann ich eh nicht schlafen

) und es dann an passender Stelle unterbrechen. Was ich übrigens vergessen habe zu erwähnen: das Spiel "Myst" möchte ich erstmals vollständig ohne Lösungshilfe spielen. Da ich sonst bei dem Labyrinth verzweifelt bin, wird das dieses Mal eine Herausforderung, aber das Ziel ist, dass ich die Welt erstmals wirklich komplett und intensiver erleben möchte. Wenn man mit Lösungshilfe spielt, dann hat das immer den Nachteil, dass man mehr auf das Papier als auf den Monitor starrt und ebenfalls einer klar vorgegebenen Linie folgt und dadurch sogar manche Dinge schlichtweg verpasst. So habe ich in Myst III z.B. noch nie alle Tagebuchseiten gefunden. Ich habe mir überlegt, dass ich erstmals das Myst-Universum so erleben möchte, wie es gedacht ist. Ob mir das gelingt, weiß ich noch nicht. Dazu muss ich erstmal die Rätsel kapieren (das ist in Lösungshilfen ja meist auch nicht nötig), aber ich bin wild entschlossen, es zu versuchen. Erst recht jetzt, wo ich so begeistert von den Romanen bin und wo mich die gesamte Geschichte rund um Atrus Familie und das Reich der D'ni mehr fasziniert als jemals zuvor. Wenn ich Corona eines zu verdanken habe, dann wohl diesen intensiveren Zugang zu den Geschichten rund um Myst.
Genug geschwärmt - ich muss jetzt ins Bett.

Frodo lag mit dem Kopf in Sams Schoß, tief im Schlaf versunken; auf seiner weißen Stirn lag eine von Sams braunen Händen, und die andere ruhte leicht auf seiner Schulter. In ihren Gesichtern stand Friede.
Gollum betrachtete sie. Ein seltsamer Ausdruck zog über sein ausgemergeltes Gesicht. Das Flackern schwand aus seinen Augen, und sie wurden trüb und grau, alt und müde.