Puuuh, endlich fertig mit
Reprobates.
Vom Thema her ist das Spiel erst mal gar nicht verkehrt, denn es geht im weitesten Sinne um Nahtoderfahrungen. Dieses Thema wird aber derart unsensibel angegangen und so oberflächlich, dass das Spiel völlig daran zerbricht. Dass man dann noch versucht, das alles irgendwie in eine Rahmenhandlung zu quetschen, in der auch noch Zeitreisen und Teleportation dazukommen, schadet dem Spiel umso mehr. Zumal am Ende einfach viel zu wenig aufgelöst wird. Man hat absolut keine Ahnung, was da eigentlich abläuft.
Ein persönlicher Schlusstext des Autors wirft dann auch noch die mögliche Existenz des Jenseits mit ein. Das wurde vorher überhaupt nicht als solches behandelt...
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Dann hätte man vielleicht nicht versuchen sollen, die Insel-Handlung dann doch noch irgendwie in die reale Welt zu verfrachten. So wie die Handlung hier erzählt wurde, ist sie einfach nur schwachsinnig und überflüssig.
Und dass Disney noch keine Klage eingereicht hat, verwundert auch irgendwie... Ich habe schon erwähnt, dass mich viele Charaktere sehr an "Lost" erinnern, aber insgesamt ist es am Ende auch die gesamte Thematik und die übergeordnete Handlung, die sehr, sehr stark an "Lost" erinnern. Nur dass man in der Serie die Stilmittel und die Überlegungen, ob die Unfallopfer nun tot oder lebendig sind, viel besser eingesetzt hat. Die Serie schaffte wenigstens den Sprung von Mystery zu Realität. Hier im Spiel gelingt das überhaupt nicht!
Schade ist auch, dass es eine Vielzahl an interessanten Charakteren gibt. Jeder für sich ist sehr speziell und anders. Die Dialoge sind aber extrem kurz und so oberflächlich, dass kaum ein Gespräch zu irgendwas führt.
Außerdem sind sie extrem abgehackt. Man hat ständig das Gefühl, das Spiel hätte mal komplexer werden sollen, wurde dann aber massiv eingekürzt. So verabschieden mich z.B. drei Frauen, weil ich von der Insel fliehen möchte. Dass ich das möchte, wissen die aber eigentlich gar nicht und ich selbst als Spieler erfahre es auch erst dann...
Dann gibt es während des Spiels zwei Todesfälle auf der Insel. Ja, und? Wen kümmert's? Die eine Leiche sehe ich erst, nachdem ich eine Person daneben anspreche. Vorher nehme ich den Selbstmord gar nicht wahr und dann habe ich auch nur einen unsinnigen Einzeiler dafür übrig. Die andere Leiche wird sogar einfach am Strand liegengelassen. Auf einen mehr oder weniger kommt's auch nicht an...
Und dann wären da noch diese plumpen und sexistischen, aber auch rassistischen Anmachsprüche! Im Verlauf kommt eine Landsmännin auf die Insel, in die ich mich sofort vergucke. Schnell wird klar, mein Charakter interessiert sich aber nur für ihre optischen Qualität und packt alles aus, für das Frau einen sofort eine scheuern müsste... Im Verlauf des Spiels bemerke ich auch, dass Kamerawinkel gezielt so gesetzt werden, dass ich den Damen mehrmals unter den Rock schauen kann und die Unterhose sehe oder dass die Brüste bestens ins Szene gesetzt werden. Einmal werden sogar deutlichst die Nippel im dünnen Kleid in die Kamera gehalten...
![Rolling Eyes :roll:](./images/smilies/icon_rolleyes.gif)
Noch einmal: Das Spiel beschäftigt sich mit sensiblen Themen wie Nahtod und Tod. Was hat dann so ein Schwachmüll darin zu suchen?
Dabei verfechte ich durchaus Freizügigkeit in Spielen, wenn sie passt. In "Life is Strange 2" traute man sich z.B. sogar an eine Sexszene, aber da passte es perfekt in die Handlung! Hier ist das völlig fehl am Platz und vor allem in extremster Pornoqualität dargestellt.
Der verwerflichste Moment war der, als mein Charakter auf ein indigenes Volk trifft, die naturgemäß ja etwas leichter bekleidet sind. Die Frau mit Kind lässt er ziehen mit den Worten "Mmmh, die Mami sieht aber gut aus!". Auch hier natürlich wieder der Vorbau passend in Szene gesetzt... Ich war noch nie so froh, ein Spiel beendet zu haben...
Ach, und wenige Minuten später klatsche in einem Mann dieses Volkes einen Stein vor den Kopf und lasse ihn eine Klippe runter in den Tod stürzen.
Sowas Respektloses wie dieses Spiel habe ich selten erlebt! Mich regt richtig auf, dass ausgerechnet das Spiel sich mit solchen Themen wie Tod beschäftigt und dann einen Porno davon macht - oder eben in Todesfällen derart respektlos ist...
Die Grafikqualität geht durchaus in Ordnung. Zwar sind einige Hintergründe ziemlich verwaschen, aber das Spiel ist ja auch schon etwas älter und man muss ganz klar sagen: Durch den Schauplatz musste die Umgebung mit sehr viel Grün, Lianen, Pflanzen, Bäumen und Büschen ausgestattet werden. Das ist durchaus gelungen. Dazu kommen ja noch die ganzen Schauplätze aus den Traumsequenzen, die ebenso detailreich sind. Die Träume halte ich aber dennoch allesamt für überflüssig, unnötig und unpassend. Die Träume selbst haben keinen Zusammenhang mit der Haupthandlung. Ergo gefällt mir durchaus das Erkunden der Insel, nicht aber der Traumwelten. Übrigens kritisierten viele Tests die langen Laufwege auf der Insel. Die gibt es wirklich, aber die Insel selbst durchstreife ich tatsächlich gerne. Hier hat man, im Gegensatz zu den Träumen, wirklich das Gefühl, mit der Handlung weiterzukommen. Das gelingt auch ganz gut! Man erfährt jeden Tag ein ganz bisschen mehr.
Mit der Charaktergestaltung hat der Entwickler durchaus einen Quantensprung hingelegt. Die sehen ziemlich gut aus! Mimik und Gestik stimmen überwiegend oder sind für ein Adventure zumindest hochwertig genug. Die Charaktere tauchen in verschiedenen Situationen auf - verschieden bekleidet, mal nackt, mal ohne Kopfbedeckung, mal auf der Toilette sitzend, mal liegend. Das sieht alles sehr gut aus. Auch sind viele Bewegungen animiert. Auch das könnte schlechter sein.
Spielerisch ist es dennoch eine Katastrophe. Zunächst kann man nur mit der linken Maustaste arbeiten. Mit der rechten erfolgt keinerlei Kommentar. Ergo habe ich diese irgendwann gar nicht mehr genutzt. Naja, bis sie dann spielrelevant wurde... So war es das ganze Spiel über. Oft hat die rechte Maustaste keine Funktion, dann aber in manchen Momenten absolut wichtig. Absolut unausgereift und vermutlich auch wieder einer beschleunigten Produktion geschuldet.
Durch die Patches wirkt das Spiel zusätzlich sehr unfertig, denn mit Entfernen des Engergiebalkens wird auch die Nahrung überflüssig, die man sammeln kann. So weiß man gar nicht immer, wozu man jetzt dieses oder jenes sammelt.
Ein Hauptelement ist außerdem extremes Pixelhunting. Das ist sogar so extrem, dass ich selbst mit Lösungshilfe die Hotspots nicht sofort entdeckte!
Naja, dann gibt es noch Minispiele, die ja immer ein gutes Zeichen dafür sind, dass Entwickler völlig versagt haben. Zum Glück lassen die sich seit dem Patch auch überspringen.
Musik ist so gut wie nicht vorhanden. Das schadet der Gesamtstimmung aber nicht allzu sehr, weil dafür die Soundkulisse sehr intensiv ist. Das Meeresrauschen, Gewitter, Stürme, Vögel und der belebte Dschungel - das sorgt alles für eine dichte Atmosphäre. Da ist es gar nicht so schlimm, dass in den Kulissen selbst nicht ganz so viel animiert ist.
Atmosphärisch also durchaus gelungen, aber insgesamt ist "Reprobates" eine absolute Katastrophe, die alleine schon durch die moralisch verwerfliche Darstellung nicht spielenswert ist. Außerdem empfinde ich ein Spiel selten sogar mit Lösungshilfe als richtig schlecht. Selbst das hat "Reprobates" geschafft, mich trotz höherem Spielfluss noch zu depremieren. Das war im Prinzip verschwendete Lebenszeit.
Ich werde nun auch versuchen, das Spiel zu verkaufen und sonst wandert es in den Müll. Falls es von hier jemand haben möchte, kann er sich gerne melden (dann sogar kostenlos).