Auf der Suche nach der hinreißenden Herzelinde

Die Geschichte

Oh, Schreck! Prinzessin Herzelinde wurde entführt! Vom allseits gefürchteten Schwarzen Ritter! Ihr Bodyguard, der wackere ehrenhafte Ritter Lanze, konnte die entsetzliche Tat nicht verhindern und landet, schneller als er „Ich wurde hereingelegt!“ sagen kann, im Kerker. Dort trifft er auf den redseligen Möchtegern-Ritter Erdal, der so ziemlich alles erzählen und tun würde, um der Gefangenschaft zu entkommen. Und so eine Gelegenheit bietet sich dem ehemaligen windigen Immobilienhändler schon bald: Als Lanze und er bei einem Fluchtversuch erwischt werden, behauptet er dreist, das Versteck des Schwarzen Ritters zu kennen. Wohl oder übel muss Ehrenmann Lanze, das Schlitzohr Erdal als Führer akzeptieren um selbst noch eine Chance zu erhalten, seine angebetete Herzelinde aus den Klauen des Schurken zu befreien. Gemeinsam machen sich die beiden Gefährten wider Willen nun daran den Schrecken verbreitenden Schwarzen Ritter in seinem geheimen Schlupfwinkel aufzuspüren. Ohne Rücksicht auf die Gefahr für Leib und Leben, - und vor allem auf ihre geistige Gesundheit - stellen sie sich den Prüfungen und Hindernissen auf ihrer Suche und decken dabei ein finsteres Komplott am Königshof auf.
ritter

Die Grafik

Grafisch bleibt das Spiel, auch für ein Comic-Abenteuer, weit hinter den heutigen Möglichkeiten zurück. Die bunten Hintergrundzeichnungen sind zwar ganz nett anzusehen und weisen auch viele Details auf, aber leider lässt sich davon viel zu wenig näher untersuchen und auch Animationen, die die Spielwelt beleben könnten, sind kaum vorhanden. Noch langweiliger ist der Auftritt der Spielfiguren: Völlig bewegungslos, - nur hin und wieder blinzelt mal jemand - mit hängenden Armen und starrem Blick, stehen sie wie die Ölgötzen herum. Geradezu lächerlich wirkt das, wenn Lanze immer wieder leidenschaftlich betont, wie eilig er es hat und das er ganz schnell etwas tun muss, um seine Herzelinde zu retten und dann im Schneckentempo geradezu gemütlich durch die Gegend latscht. Überhaupt kann ich mich an kein Adventure – der letzten Jahre – erinnern, das so steif und leblos wirkte, wie „1 ½ Ritter …“. Hin und wieder schiebt sich der Bildausschnitt zusammen; in anderen Spielen ein Hinweis darauf, dass nun etwas Spannendes passiert, – eine selbst ablaufende Sequenz zeichnet sich normalerweise zumindest durch etwas mehr Dynamik aus – doch darauf wartet man in diesem Spiel leider vergeblich: Lanze gibt in bereits gewohnter stocksteifer Haltung ein paar erklärende Sätze von sich und das war’s dann auch schon. Keine Geste, keine Nahaufnahme, keine noch so kleine Animation mehr belebt diese Szenen und ich frage mich noch immer, was es mit diesen ‚Einspielungen’ eigentlich auf sich hatte … Wenn das als Witz gedacht war, habe ich jedenfalls, ihn nicht verstanden und konnte nicht darüber lachen. Bleibt noch zu erwähnen, dass sich die Macher ganz ungeniert bei älteren Spielen bedient haben und das auf so offensichtliche und einfallslose Art und Weise, dass man das nicht mal mehr wohlwollend als Anspielung und Referenz an die Vorbilder verstehen kann. Nein, ich kann auch bei bestem Willen und längerem Nachdenken nichts wirklich Positives über die Grafik von „1 ½ Ritter …“ sagen.
ritter

Verpackung & Steuerung

Die DVD-Box, die, außer dem Konterfei der realen Schauspieler auf dem Cover, kein besonderes Merkmal aufweist und wohl dem Filmposter nachempfunden ist, enthält die Spiel-DVD und ein kleines aber durchaus brauchbares Handbuch. Die Installation erfolgt, bei entsprechender Einstellung, automatisch oder lässt sich mit dem Setup-Icon im Spielverzeichnis vom Arbeitsplatz aus starten. Das Hauptmenü präsentiert sich schlicht und übersichtlich und ebenso das Spielmenü. Die Steuerung innerhalb des Spiels ist leider nicht ganz so bedienfreundlich ausgefallen; zwar handelt es sich um die in Adventurespielen bewährte Point & Click Steuerung, doch um Gegenstände untersuchen oder mit ihnen interagieren zu können, muss man umständlich, bei gehaltener linker Maustaste, ein in drei Teile unterteiltes Scheibensymbol anvisieren und den richtigen Abschnitt treffen, damit die gewünschte Aktion auch ausgeführt wird. Auge, Mund und Hand kennzeichnen jeweils eines der Drittel auf der „Aktions-Münze“ und damit die mögliche Verwendungsweise. Immerhin: Der Mauszeiger verändert sich, wenn ein interessantes Objekt zum untersuchen oder eine Person zum ansprechen auftaucht, ein anderes Symbol (Hand mit ausgestrecktem Finger) weist auf Ausgänge hin, über die man mit einem Doppelklick unverzüglich zum nächsten Schauplatz gelangen kann und ein einfacher Rechtsklick öffnet das Inventar. Die Gegenstände im Inventar können dann ebenfalls mittels der Aktions-Münze noch einmal näher untersucht oder verwendet werden: Um sie mit Personen oder Gegenständen zu kombinieren, wählt man das entsprechende Icon mit einem Linksklick aus, das sich dann an den Mauszeiger heftet und so im Spiel platziert werden kann. Und dann noch: Mit der Backspacetaste ( ß) lassen sich Zwischensequenzen überspringen und ein Druck auf die Leertaste zeigt sämtliche „Hotspots“ in einem Bild an, damit einem kein spielrelevantes Detail entgeht. Mit Hilfe der Escapetaste gelangt man zum Spielmenü: Hier lässt sich ein Spielstand speichern oder ein bereits angelegter laden und auch zum Hauptmenü wechseln, von wo aus man dann das Spiel beenden und zum Desktop zurückkehren kann.


ritter

 
Ton, Musik und Stimmen

In diesem Bereich konnte „1½ Ritter …“ dann doch auch einmal bei mir punkten. Die Texte sind das große Plus in diesem Spiel! – mit Witz und Ironie ziehen Lanze und sein Ritterkumpel Erdal die hehre Ritterwelt durch den Kakao und lassen dabei kein Klischee aus. Anspielungen und Seitenhiebe auf ältere Adventures und legendäre Film- und Literaturhelden bieten genug Zündstoff für einige Lacher und noch mehr Schmunzeln. Die Hauptpersonen wurden von den Schauspielern synchronisiert, die im Film die jeweilige Rolle spielen. Leider scheinen weder Herr Schweiger (Lanze), noch Frau Dietze (Herzelinde) viel Zeit und Mühe auf diese Aufgabe verwendet zu haben, denn das Ergebnis klingt ziemlich lustlos und man merkt viel zu deutlich, dass sie ihren Text, ohne Bezug auf die jeweilige Situation im Spiel zu nehmen, nur schnell mal abgelesen haben. Rick Kavanian (Erdal) zeigt, wie man es besser macht. Aber allzu großen Schaden nimmt das Spiel durch den müden Vortrag von Schweiger und Dietze nicht, da der näselnde schleppende Tonfall von T.S. wunderbar zu seiner Rolle, des zwar mutigen und ehrenhaften, aber nicht besonders ‚schnell denkenden’ Ritters Lanze passt und so unfreiwillig komisch wirkt und J.D. – Gott sei Dank! – nicht allzu häufig zu Wort kommt. Abgesehen davon klingt „1½ Ritter …“ ganz ordentlich: Hintergrundgeräusche wurden sparsam, aber zur Szenerie passend ins Spiel eingepflegt, wenn auch auf solche Feinheiten, wie z.B. dass Schritte sich auf Teppichboden anders anhören sollten, als auf hartem Steinboden, nicht geachtet wurde. Die Musik hat mir sogar richtig gut gefallen. Hier kam keine Langeweile auf, denn verschiedene Themen unterstreichen unaufdringlich, aber wirkungsvoll die Handlungsstränge.


ritter

Rätsel

Die Rätsel in „1½ Ritter …“ stellen keine allzu große Herausforderung dar, zumal einem außer den ‚brauchbaren’ Objekten auch nichts weiter angeboten wird und man also, sollte man wirklich einmal nicht weiter wissen, auch durch bloßes probieren ans Ziel gelangen kann. Das ist aber meistens gar nicht nötig, denn der Schwierigkeitsgrad ist wirklich nicht sehr hoch. Dennoch möchte ich hier lobend anmerken, dass sich die Macher doch spürbar mehr Mühe mit den Rätseln gegeben haben, als ich das (nach Tell!) von einem ‚Spiel zum Film’ erwartet hatte. Trotzdem ist das Rätseldesign zum größten Teil mit dafür verantwortlich, dass ich in innerhalb kürzester Zeit nicht mehr weitermachen wollte, oder vielmehr das Design der Minispiele: Sei es das stinklangweilige Pferdequartett, das man nur durch Zufall relativ zügig gewinnen kann, das extrem nervige Hühnerroulette oder das Räuberarmdrücken, keins dieser „Spielchen“ hat mir Spaß gemacht, dafür aber die Lust am weiterspielen erheblich gebremst. Dabei hätte das Räuberarmdrücken eine gelungene Rätseleinlage werden können, wenn man es nicht so unnötig umständlich konstruiert hätte: Dass man nach einem misslungenen Versuch jedes Mal die ganze lange Herausforderung noch einmal (und wieder und wieder!) durchkauen musste, hat die eigentlich gute Idee ruiniert – ein simples „Versuchen wir es noch einmal“ hätte es auch getan und der Spielspaß wäre dadurch erhalten geblieben. (Ganz abgesehen davon, dass auch die ständigen Wiederholungen beim Ausfragen der Ritter bei der Suche nach den Räuberzeichen nicht gerade ein reines Vergnügen war.) Nein, diese Minigames hätte man sich wirklich schenken können! Dann gibt es auch noch die Schwertkampf- und gegen Ende einige Geschicklichkeitseinlagen, die aber – mit etwas Geduld und Aufmerksamkeit – mit Köpfchen und nicht mit schnellen Reflexen gemeistert werden können.
ritter

Fazit

„1½ Ritter – Auf der Suche nach der hinreißenden Herzelinde“ ließ mich nichts Besonderes erwarten – zumal mir noch die letzte „Das Spiel zum Film“ -Katastrophe „Tell“  deutlich in Erinnerung war. Doch dann erschien die Demo und, wer hätte es gedacht, die machte einen ganz viel versprechenden Eindruck. Um es vorweg zu nehmen: Den guten Eindruck der Demo konnte die Vollversion leider nicht bestätigen.

 

Die Grafik ist, um es kurz zu machen, schlichtweg ‚von gestern’. Da wurde hemmungslos von älteren bekannten Abenteuern abgekupfert – doch das leider so völlig ideenlos und schablonenhaft, dass das Spiel seinen eigenen erkennbaren Stil vermissen lässt. Darüber hinaus gab es in der Spielwelt von „1 ½ Ritter …“ rein gar nichts zu entdecken, im wortwörtlichen wie im übertragenen Sinn. Außer den benutzbaren Gegenständen lässt sich nichts genauer ansehen (Schade eigentlich, denn die Hintergründe hätten genug dafür hergegeben.) und die Grafik wirkt insgesamt so leblos, steif und unbeweglich, wie die handgemalte Kulisse in einem Kasperltheater und das muss, bzw. darf, heutzutage – auch in einem Comic-Adventure – wirklich nicht mehr sein. Die Synchronisation der Hauptfiguren wurde von den Schauspielern übernommen, die auch im Film die jeweilige Rolle innehatten, doch nur Rick Kavanian als Erdal scheint diesen Job wirklich Ernst genommen zu haben. Till Schweigers Einsatz wird nur dadurch erträglich, dass sich sein müder gelangweilt klingender Tonfall wunderbar mit dem etwas schwerfälligen schlichten Gemüt von Lanze verträgt und dadurch stellenweise treffend komisch wirkt. Doch trotz der genannten Schwächen hätte „1½ Ritter …“ durchaus ein annehmbarer Zeitvertreib werden können, denn es gibt auch Einiges, das mir positiv aufgefallen ist: Die Texte, die, nicht immer geistreich, dafür aber treffsicher die strahlende glänzende Ritterwelt ohne Furcht und Tadel aufs Korn nimmt, sorgen für viel Heiterkeit und akustisch kann „1½ Ritter …“ mit der schlichten, aber stimmigen Geräuschkulisse, vor allem aber mit der abwechslungsreichen gefälligen Hintergrundmusik Pluspunkte sammeln. Ausschlaggebend für mein letztendlich doch vernichtendes Urteil ist das unausgegorene Rätseldesign und – noch entscheidender! - die unerträglichen Minispiele: Die Minispiele sind entweder sterbenslangweilig oder total nervig und hier hatte ich dann auch, mehr als einmal, den Wunsch das Spiel auf ‚Nimmer Wiedersehen’ zu beenden. Die Rätsel insgesamt zeichnen sich zwar durch eine gewisse Vielfalt aus, sind aber häufig zu umständlich angelegt worden, um sie wirklich interessant oder unterhaltsam zu nennen. Möglicherweise könnte man durch einen Patch, durch den man die Minispiele überspringen kann, den gröbsten Schnitzer ausmerzen, dann …  - Aber nur dann! - … würde ich „1½ Ritter – Auf der Suche nach der hinreißenden Herzelinde“ empfehlen können. Ansonsten kann ich nur dazu raten: Spart euch das Geld für ein Adventure, das diesen Namen auch verdient hat, und nicht nur, mal eben schnell, als ‚Spiel zum Film’ auf den Markt geworfen wurde.

ritter  


ritter
Systemanforderungen

System: Windows Vista & XP

Prozessor: Pentium mit 1 GHz oder gleichwertig

Speicher: 512 MB RAM

Grafikkarte: DirectX-kompatibel mind. 64 MB Grafikspeicher

Soundkarte: DirectX-kompatibel

Festplatte: 2 GB freier Speicherplatz


USK ab 12 Jahre

2008
Daedalic / Warner Bros. Interactive


Mehr Bilder zum Spiel
Pressemitteilung zum Spiel

  9.März 2009.
Petra "Subutexa" S. exklusiv für Uwes Adventureseite

ritter

zurück zu Uwes Adventureseite